„Im Juni haben wir in Innsbruck-Stubai sicher eine Riesen-Gaudi“

Marcel Höche

Marcel Höche

Vom Brocken zu den Bergen – das ist der Weg, den der Deutsche Marcel Höche gegangen ist. Oder besser: gelaufen ist. Aufgewachsen ist der heute 29-Jährige im Harz, in Niedersachsen. Und der Brocken ist dort die höchste Erhebung weit und breit mit 1141,2 Metern über dem Meer. „Ich war da immer schon gerne lange draußen unterwegs, und weil meine Eltern mich nicht zum Fußball gebracht haben, hab ich eben begonnen Mountainbike zu fahren und zu laufen“, erzählt Höche. „Ausdauersport hat mir immer schon getaugt.“

Dass er jetzt seit kurzem in Innsbruck lebt, war irgendwie vorherzusehen. Die Kombination aus Stadt mit all ihren Möglichkeiten und der Nähe zu hohen Bergen hat ihn schon lange fasziniert. Nicht umsonst hat er fünf Mal am Innsbruck Alpine Trail Festival teilgenommen, und 2018 (über 15,5 Kilometer) und 2020 (über die Marathondistanz) auch gewonnen.

Wenn es im Juni bei den World Mountain and Trail Running Championships also ernst wird, dann hat Höche fast Heimvorteil. „Ich kenne zwar schon einiges hier, aber die Strecken bei der WMTRC sind schon nochmal deutlich steiler und in alpinerem Gelände als früher beim Trail Festival“, sagt er. „Bei der Marathonstrecke hab ich 2020 beim Sieg 3:32 Stunden gebraucht. Beim Trail Short, den ich im Juni laufen möchte, rechne ich mit mindestens einer halben Stunde mehr, obwohl die Strecke nur 2,4 Kilometer länger ist.“ Darum möchte er sich im Vorfeld noch einmal alles ganz genau anschauen und ablaufen. Die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit lässt grüßen.

Nach Innsbruck ist er übrigens nicht bloß der WM wegen gezogen. „Das soll schon mein Lebensmittelpunkt für die nächsten Jahre werden.“ Zum einen bildet er sich an der Uni weiter, in einer selbst gewählten Kombination aus Sportwissenschaft, Materialwissenschaft und Innovationsmanagement. „Zum anderen hab ich hier kein Problem, Trainingspartner zu finden, selbst wenn ich mal unter 3 Minuten pro Kilometer laufen möchte.“

„Die Passage durch die Kalkkögel ist das absolute Highlight auf das ich mich eigentlich von Tag zu Tag mehr freue.“

Dabei ist ihm der Wettkampf gar nicht so wichtig. Das hat ihm die Pandemie gezeigt. „Da hab ich gemerkt, dass es auch ohne Rennen geht.“ Zumal er kein Profi ist und im Brotberuf von Innsbruck aus für eine deutsche Werbeagentur als Projektmanager arbeitet. Das war in Zeiten des Lockdowns praktisch. Finanziell und mental. „Ich hab Freunde, die vom Sport leben und dann gab es mit einem Schlag keine Wettkämpfe mehr. Da sind viele in eine Sinnkrise verfallen und hatten auch mental richtig zu kämpfen“, erinnert sich Höche. „Daher ist es gut, ein weiteres Standbein zu haben.“

Außerdem: Die Liebe zur Bewegung in der Natur, die stand und steht im Vordergrund. „Ich liebe das einfach, lange draußen zu sein. Immer schon.“ Schon als 15-Jähriger im Harz hat er das ganz intensiv genossen. Wie eingangs erwähnt, hat ihn der Ausdauersport früh fasziniert. So sehr, dass er mit seinen Bike- und Laufkumpels ein ganz besonderes Abenteuer angegangen ist: einen 100-Kilometer-Lauf. „Den sind wir im Viererteam gelaufen, quasi direkt an meiner Haustür vorbei“, sagt Höche. „War gar nicht einfach, den Veranstalter zu überzeugen, mich als Minderjährigen daran teilnehmen zu lassen.“ Wenigstens waren seine Teamkollegen alle schon über 30. 

Ein vergleichbares Erlebnis hatte er dann bei einem ähnlichen Rennen vor wenigen Jahren in Vietnam. „Start war um 23 Uhr, das Feld hat sich schnell auseinandergezogen und ich bin bald sehr allein durch den Dschungel an der Grenze zu China gelaufen“, erinnert er sich. Im Schein der Stirnlampe sieht er dann, wie sich die Strecke rechts um einen großen Felsen windet. „Ich bin ganz nahe dran vorbei, auf einmal bewegt sich der Stein. Weil es kein Stein war, sondern ein Wasserbüffel mit diesen Riesenhörnern“, erzählt Höche und lacht. Zum Glück reagieren beide auf den Schreck mit Fluchtimpuls. „So wollte der Büffel weg von mir und ich weg von ihm. Sonst hätte das auch anders ausgehen können.“

Mit einer einmaligen Erfahrung rechnet er auch im Juni in Innsbruck-Stubai, sollte ihn Deutschland nominieren. „Für eine WM muss man sich qualifizieren und kann sich nicht einfach so anmelden. Das hat schon einen speziellen Reiz“, weiß Höche. „Und wenn die WMTRC nur annähernd so gut organisiert sind wie das Trail Festival, dann werden wir im Juni mit Sicherheit eine Riesen-Gaudi haben.“ Auch ohne Wasserbüffel.

Kurz-Steckbrief

Marcel Höche (Deutschland), geboren am 6. 12. 1993 in Herzberg am Harz wohnhaft in Innsbruck, ist Athlet bei adidas TERREX. Erfolge (Auswahl): 2023: Dritter beim 15 km Naturns Skyrace, Achter Istria100 (42 km)-UTMB World Series; 2022: Dritter beim Cape Town Trail Marathon, Dritter beim Madeira Island Ultra, Zweiter beim Innsbruck Alpine Trail Festival K35 Discovery Race; 2021: Sieger beim Ultra-Trail Cape Town 35km, Zweiter beim Innsbruck Alpine Trail Festival K65; 2020: Sieger beim Innsbruck Alpine Trail Festival K42; 2019: Zweiter Bayerische Meisterschaft Trailrunning; 2018: Sieger beim Südthüringentrail, Sieger beim Innsbruck Alpine Trail Festival K15