Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass es kaum einen Lauf gleich welcher Distanz gibt, in der Karin Freitag nicht in der Ergebnisliste aufscheint. Doch die gebürtige Steirerin, die in Tirol aufgrund ihres Berufs zuerst und der großen Liebe danach heimisch geworden ist, läuft, sagen wir: alles. Von 10.000 m auf der Bahn über die  Verticals und (Berg-)Marathons bis hin zu den 100 Kilometern im Flachen und den 24-Stunden-Rennen.

Verschiedene Charaktere der Rennen erfordert auch ein abwechslungsreiches Training, das die in Hall in Tirol wohnhafte Mutter von zwei Kindern auch aktuell durchzieht. Der Vienna City Marathon im April ist das nächste große Ziel. Eine Woche später steht die österreichische Berglauf-Meisterschaft in Itter in Tirol auf dem Programm, wo um WM-Tickets gelaufen wird. Freitag ist da wie dort dabei. „Die Strecke bei mir daheim, mit ihren steilen Passagen, liegt mir sehr. Das wird schon passen“, sagt sie. Und denkt einen Gedanken weiter. „Sollte ich mich aber nicht für den Vertical qualifizieren, dann könnte ich eventuell im Trail Short dabei sein.“ So geht’s eben, wenn man mehrfach einsetzbar ist.

Dass die World Mountain and Trailrunning Championships 2023 Innsbruck-Stubai in Österreich ausgetragen werden, freut die Läuferin, die darauf verweist, welch hoher Standard den Teilnehmer:innen aus der ganzen Welt geboten wird. „Ich will beileibe nicht die Bemühungen anderer Organisatoren abwerten, doch klar ist, dass Innsbruck-Stubai mit seiner Hotellerie, seinen Möglichkeiten und Ansprüchen Titelkämpfe ausrichten wird, die unter allen Aspekten Messlatten für die Zukunft setzen werden.“

Berglauf-Weltmeisterschaften wurden bereits zwei Mal in Tirol ausgerichtet, zu einer Zeit, als Freitag noch „spazieren ging“, wie sie selbst sagt. 2010 begann sie mit dem Lauf- und Leistungssport, seitdem reihen sich Erfolge an Erfolge – WM-Team-Medaillen in diversen Distanzen (zweimal im Trail Long, je einmal im Vertical und Mountain Classic), fünf nationale Triumphe im Marathon, österreichische Rekordhalterin über 100 km und in den 24 Stunden. Bei beiden letzteren stand Freitag 2022 im WM- bzw. EM-Nationalteam.

„Sollte ich in Innsbruck-Stubai zu einer Medaille kommen, wohl eher mit dem Team als in einer Einzelwertung, dann wäre dies natürlich eine gewaltige Geschichte für mich.“

Die Vertical-Strecke von Neustift im Stubai auf die Elferhütte kennt Karin Freitag gut, im Vorjahr bestritt sie ein internationales Rennen ebendort hinauf, wurde Dritte, und merkt an, dass das längere Flachstück kurz vor der Bergstation etwas zu lang ist für ihre läuferischen Charakteristiken. „Wenn man zu einem Vertical antritt, dann sind die flachen Stücke einfach nur störend.“ Und, nebenbei erwähnt, besonders für afrikanische Teilnehmerinnen von Vorteil. Gerade beim Vertical und beim Mountain Classic gehören die Sportler und Sportlerinnen aus Uganda und Kenia zum engsten Favoritenkreis – schlag nach in den Ergebnislisten von Chiangs Mai! Aber, so sagt Freitag: „Auch Andrea Mayr wird vorne mitlaufen, sie hat Chancen auf ihre nächste Medaille und könnte das Team zu einem Podestplatz führen, das wäre toll!“

A propos Mountain Classic, dem “up and down”-Rennen der WMTRC. Freitag gerät ins Schwärmen, wenn sie daran denkt, dass dieser Wettbewerb in Innsbruck ausgetragen wird und nicht in irgendeiner Pampa. „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Von der Landeshauptstadt geht es auf den Berg rauf und wieder runter, es ist beeindruckend, wie besonders wir das Urbane und Alpine verbinden können!“

Weil das so ist, wünscht sich Freitag sehr viele Zuschauer:innen an den Strecken, klar ist, dass ihre Familienangehörigen und Vereinsfreunde dabei sein werden, um sie anzufeuern. „Doch jeder der kommt und sich live ein Bild von der WM macht, wird Eindrücke fürs Leben nach Hause nehmen. Du musst an der Strecke stehen, um tatsächlich zu realisieren, wie steil sie ist.