Vor vier oder fünf Jahren hat sie noch niemand gekannt. Bei den WMTRC 2023 sollte Esther Fellhofer – Nominierung durch den Österreichischen Leichtathletikverband und Ausbleiben von Adversität vorausgesetzt – auf dem Trail Long dabei sein. Ihre Erfolgsstory ist somit eine im Schnelldurchlauf.
Hat die Geschichte der sympathischen Oberösterreicherin aus Rohrbach einen zeitlichen Rahmen, so hat sie auch einen geographischen Anker. Doch der Reihe nach. Fellhofer ist seit 2018 Läuferin und hat eine Marathonzeit (in Verona) von 3:07 Stunden zu Buche stehen, flache Tempobolzerei verlor in weiterer Folge für sie indes immer mehr an Interesse. Der berufliche Lebensweg führte Fellhofer hingegen zuerst an die Universität für Bodenkultur (BOKU) nach Wien, sie absolvierte ein Auslandssemester in Peru und erarbeitete sich in der Hauptstadt Lima den Master, mit dem Vergleich unterschiedlicher Quinoa-Sorten auf physiko-chemische und sensorische Eigenschaften. In Peru hätte es einige coole Trails zum Laufen gegeben, blickt die Sportlerin heute zurück: „Alles verpasst, so ein Jammer.“ Denn erst als der Job sie als Qualitätsmanagerin von Tirol Milch (Berglandmilch) nach Wörgl lotste, ein Arbeitskollege sie ermutigte, zum Lauftreff Breitenbach zu kommen und sie an den ersten Höhenmetern im Gegensatz zu den Mitläufer:innen kläglich scheiterte, wurde sie zur Trailläuferin.
Und sie stellte die nationale und ein bisschen auch die internationale Ultratrail-Szene auf den Kopf. Weil sie schnell regenerieren kann, läuft und gewinnt sie an einem Wochenende die eine „lange Kante“ und sieben Tage darauf die nächste. 2021 wird sie Siebte beim Lavaredo Ultra Trail, und 2022 Dritte, „ein Ergebnis, das ich nicht für möglich gehalten hätte.“ Fellhofer ist in der Weltspitze angekommen, sie ist Teil des ASICS Trail Team, und sie trainiert wie ein Profi, ohne einer zu sein. „Es ist wie ein zweiter Beruf“, erzählt sie. „Ich trainiere rund zweieinhalb Stunden pro Tag mit mindestens einer Stunde Kraft und Stabi, somit komme ich auf 15 bis 20 Stunden in der Woche. Mein Glück ist, dass es neben meinem Arbeitsplatz rauf auf die Möslalm geht, einer der Hausberge Wörgls. Das sind 600 Höhenmeter am Stück, die kann ich vor und nach der Arbeit gut in den Tagesablauf einbauen.“ Im Downhill, sagt die knapp 1,60 m große und keine 50 kg schwere Fellhofer, ist sie vorne mit dabei, „doch bergauf habe ich weiterhin Verbesserungspotenzial.“
Bei den World Mountain and Trail Running Championships 2023 Innsbruck-Stubai will die oberösterreichische Tirolerin („nach sechs Jahren hier fühle ich mich angekommen und wohl“) unbedingt dabei sein, ohne sich großartig unter Druck setzen zu wollen. „Ich möchte das WM-Rennen in jenem Spirit bestreiten, mit dem ich auch zu jedem anderen Wettbewerb antrete: mit dem Willen, das Beste zu geben, mit dem Wissen, dass bei einem Ultra so viel passieren kann und dass ich dankbar und demütig und hoffentlich auch freudig annehmen werde, was am Ende herauskommt.“
Noch kennt Fellhofer die WM-Strecke nicht, das wird sich im Frühjahr ändern. „Sobald der Schnee weg ist, werde ich sehr viel Zeit im Stubai verbringen“, blickt sie voraus, „denn aktuell kenne ich noch keinen Meter. Aber wenn ich schon einen gewissen Heimvorteil habe, dann will ich diesen auch nutzen.“ Von Wörgl sind es 80 Kilometer und eine gute Stunde nach Neustift, einer der beiden Venues der WMTRC 2023.
„Die Weltmeisterschaften werden für uns Läuferinnen und Läufer einen Aufmerksamkeitsschub darstellen. Wir sind keine Fußball- oder Tennis-Stars, aber mit einer Heim-WM werden wir hoffentlich für eine breitere Masse interessanter. Und, ja, vielleicht ist die WM ein Schritt, Trailrunning olympisch zu machen. Ich hätte nichts dagegen.“
Fotos: © WMTRC 2021 Chiang Mai, MIUT, Lavaredo Ultra Trail, privat
Kurz-Steckbrief
Esther Fellhofer (Österreich), geboren am 15.10.1989 in Rohrbach, wohnhaft in Kufstein, läuft für das ASICS Trail Team und den LT Breitenbach. Erfolge (Auswahl): 2020: Siegerin Wien Rundumadum; 2021: Siegerin Traunsee Bergmarathon, Siegerin GGUT, Siegerin KAT100; 2022: Siegerin Hochkönigman, erster Platz Mixed Team Eiger Ultra Trail E250, Dritte beim Lavaredo Ultra Trail by UTMB.